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Wohnorte von Heinrich Böll

Neuenhöfer Allee

Neuenhöfer Allee 38, zeitgenössische Aufnahme, das Haus wurde im Krieg zerstört © Foto: Heinrich-Böll-Archiv
Heinrich und Annemarie Böll in ihrer Wohnung in der Neuenhöfer Allee 38, 1942 © Foto Erbengemeinschaft Heinrich Böll

Am 6. März 1942 wurden Annemarie Čech und Heinrich Böll im Rathaus der Stadt Köln standesamtlich getraut. Heinrich Böll war zu diesem Zeitpunkt noch in seiner Heimatstadt stationiert. Seine Verlegung an die französische Kanalküste erfolgte wenige Wochen später, am 7. Mai 1942. So erlebte Annemarie Böll allein die Zerstörung der ersten gemeinsamen Wohnung in der Kleingedankstraße 20 infolge des sogenannten ›1000 Bomber-Angriffs‹ auf Köln am 30./31. Mai 1942. In einem Telegramm schrieb Annemarie Böll an ihren Mann: »Unsere Wohnung total vernichtet; keine Verletzten; erbitte sofort Urlaub.« Dieser »Sonderurlaub für Bombengeschädigte« wurde gewährt und Heinrich Böll konnte im Juni die in der Neuenhöfer Allee 38 in Köln-Sülz gelegene Wohnung ebenfalls beziehen.

»Mir schien eine Woche Urlaub ein unermeßliches Honorar für eine Wohnung, in der keiner verletzt worden war, den Tausch ging ich gerne ein, denn EINE WOCHE IST EINE WOCHE, zu Kriegszeiten also eine Ewigkeit. In unsere zweite Wohnung bekamen wir kein Telefon mehr genehmigt; ich glaube, wir hatten sie drei Jahre ›inne‹, und es mag sein, dass ich eineinhalb bis zwei dutzendmal dort geschlafen habe. Nach einigen Versuchen, dort so etwas wie Wohnung zu finden, mieden wir sie; jedesmal, wenn wir uns dort trafen, war ein besonders schwerer Bombenangriff fällig.«

Wie von Böll im Rückblick des Jahres 1966 angedeutet, wurde auch diese im Erdgeschoß des Hauses gelegene Wohnung infolge eines Luftangriffs am 26. Februar 1943 beschädigt. Zwar konnte die Wohnung nach Instandsetzungsarbeiten zunächst weiterhin bewohnt werden, wurde infolge des Luftangriffs am 21. April 1944 jedoch letztlich ebenfalls unbewohnbar.
In seinem 1985 publizierten »Brief an meine Söhne« beschreibt Böll, wie er im Februar 1945 mit dem Fahrrad von Much aus nach Köln fuhr, um in der zerstörten Wohnung in der Neuenhöfer Allee dort noch verbliebenen Schmuck und sowie Teile des Familiensilbers zu retten.

© – Markus Schäfer, 2022

Markus Schäfer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin

Literatur

Siehe: Böll: An einen Bischof …, S. 260f.

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Wohnorte von Heinrich Böll

Schillerstraße

Wohnhaus der Familie Böll in der Schillerstraße 99; Bölls Arbeitszimmer: Mansardenfenster rechts © Erbengemeinschaft Heinrich Böll

1946 kehrte die Familie aus dem rechtsrheinischen Dorf Neßhoven im Bergischen Land, wohin zunächst Annemarie und später Heinrich Böll nach den Zerstörungen in Köln evakuiert wurden, nach Köln in die Schillerstraße 99 zurück.

Als Schreiner hatte Heinrich Bölls Bruder Alois durch Instandsetzungsarbeiten im Kölner Stadtteil Bayenthal auf dem Grundstück der Schillerstraße 99 ein Haus gefunden und für den eigenen Bedarf bewohnbar gemacht.

»Wir begannen in einem Trümmerhaus in der Schillerstraße in Köln-Bayenthal – schlichtweg als Hausbesetzer, wurden später zu Instandbesetzern. (Zugegeben: diese Art von Besetzung war seinerzeit legal; auch unsere eigene Wohnung war legal besetzt worden – und futsch.) Interessant wäre nur, einmal festzustellen, wie viele Einwohner Kölns damals als Hausbesetzer begannen. Es gab da einen Stichtag, nach dem, was nicht bewohnt, für Besetzung frei war.«

Das zweigeschossige Einfamilienhaus mit sieben Zimmern und drei Mansarden war durch den Krieg zwar geschädigt, aber nicht völlig zerstört und wurde vom Kölner Wohnungsamt am 15. August 1945 Heinrich Bölls Vater Viktor Böll amtlich zugewiesen. Von den vier auf der ersten Etage gelegenen Zimmern bezogen zwei Annemarie und Heinrich Böll; eine Mansarde diente als Arbeitszimmer. Die übrigen fünf Räume und die noch verbliebenen zwei Mansarden teilten sich Viktor Böll, Mechthild Böll – beide ebenfalls auf der 1. Etage –, Alois und Maria Böll mit ihren 1948 dann sechs Kindern, die Schwester Gertrud, die aus Bonn zurückgekommen war, sowie einige Bekannte der Familie, so dass bis zu 17 Personen in dem Haus wohnten.

Heinrich Böll im Arbeitszimmer in der Schillerstraße, 1952 © Foto Hans Lenz

Die ersten Jahre in der Schillerstraße waren schwierig, denn obwohl Heinrich Böll heute als einer der erfolgreichsten Repräsentanten der Nachkriegsliteratur beschrieben wird, bedrängten ihn ständige Existenznöte. Annemarie Böll sicherte den Lebensunterhalt zunächst durch ihre Anstellung als Lehrerin, später, nach der Geburt der Söhne Raimund (1947), René (1948) und Vincent (1950) arbeitete sie als Übersetzerin. Für Heinrich Böll war diese Phase im Blick auf den Umfang der literarischen Produktion dennoch die intensivste Zeit. In der Liste der Arbeitsplätze werden für die Schillerstraße 99 im Zeitraum »bis 54«, also dem Umzug in die Belvederestraße 35 in Köln-Müngersdorf, 230 Texte notiert – darunter der 1946/47 geschriebene, umfangreiche Roman Kreuz ohne Liebe.

Markus Schäfer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin

Literatur

Siehe: Böll: Hoffentlich kein Heldenlied, S. 79f.