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Wohnorte von Heinrich Böll

Schillerstraße

Wohnhaus der Familie Böll in der Schillerstraße 99; Bölls Arbeitszimmer: Mansardenfenster rechts © Erbengemeinschaft Heinrich Böll

1946 kehrte die Familie aus dem rechtsrheinischen Dorf Neßhoven im Bergischen Land, wohin zunächst Annemarie und später Heinrich Böll nach den Zerstörungen in Köln evakuiert wurden, nach Köln in die Schillerstraße 99 zurück.

Als Schreiner hatte Heinrich Bölls Bruder Alois durch Instandsetzungsarbeiten im Kölner Stadtteil Bayenthal auf dem Grundstück der Schillerstraße 99 ein Haus gefunden und für den eigenen Bedarf bewohnbar gemacht.

»Wir begannen in einem Trümmerhaus in der Schillerstraße in Köln-Bayenthal – schlichtweg als Hausbesetzer, wurden später zu Instandbesetzern. (Zugegeben: diese Art von Besetzung war seinerzeit legal; auch unsere eigene Wohnung war legal besetzt worden – und futsch.) Interessant wäre nur, einmal festzustellen, wie viele Einwohner Kölns damals als Hausbesetzer begannen. Es gab da einen Stichtag, nach dem, was nicht bewohnt, für Besetzung frei war.«

Das zweigeschossige Einfamilienhaus mit sieben Zimmern und drei Mansarden war durch den Krieg zwar geschädigt, aber nicht völlig zerstört und wurde vom Kölner Wohnungsamt am 15. August 1945 Heinrich Bölls Vater Viktor Böll amtlich zugewiesen. Von den vier auf der ersten Etage gelegenen Zimmern bezogen zwei Annemarie und Heinrich Böll; eine Mansarde diente als Arbeitszimmer. Die übrigen fünf Räume und die noch verbliebenen zwei Mansarden teilten sich Viktor Böll, Mechthild Böll – beide ebenfalls auf der 1. Etage –, Alois und Maria Böll mit ihren 1948 dann sechs Kindern, die Schwester Gertrud, die aus Bonn zurückgekommen war, sowie einige Bekannte der Familie, so dass bis zu 17 Personen in dem Haus wohnten.

Heinrich Böll im Arbeitszimmer in der Schillerstraße, 1952 © Foto Hans Lenz

Die ersten Jahre in der Schillerstraße waren schwierig, denn obwohl Heinrich Böll heute als einer der erfolgreichsten Repräsentanten der Nachkriegsliteratur beschrieben wird, bedrängten ihn ständige Existenznöte. Annemarie Böll sicherte den Lebensunterhalt zunächst durch ihre Anstellung als Lehrerin, später, nach der Geburt der Söhne Raimund (1947), René (1948) und Vincent (1950) arbeitete sie als Übersetzerin. Für Heinrich Böll war diese Phase im Blick auf den Umfang der literarischen Produktion dennoch die intensivste Zeit. In der Liste der Arbeitsplätze werden für die Schillerstraße 99 im Zeitraum »bis 54«, also dem Umzug in die Belvederestraße 35 in Köln-Müngersdorf, 230 Texte notiert – darunter der 1946/47 geschriebene, umfangreiche Roman Kreuz ohne Liebe.

Markus Schäfer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin

Literatur

Siehe: Böll: Hoffentlich kein Heldenlied, S. 79f.