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Unter Krahnenbäumen

Buchumschlag von Chargesheimer: »Unter Krahnenbäumen«, Köln 1958

Der Kölner Fotograf Chargesheimer (1924-1971) veröffentlichte 1958 den Bildband Unter Krahnenbäumen – Bilder aus einer Straße« mit einem autobiographischen Nachwort von Heinrich Böll. Der Band erzählt in Bildern die Geschichte einer Straße im Ablauf eines Jahres. ›UKB‹, wie die Straße auch genannt wird, gilt als Inbegriff des ›alten Kölns‹. Chargesheimer zeigte mit den Mitteln der Fotografie den Alltag und die Festtage der Menschen, die in dieser Straße lebten. Weit davon entfernt, das Spektakuläre zu sehen, hält er mit seinen Bildern menschliche Schicksale fest, dokumentiert Einsamkeit und Gemeinschaft der Bewohner dieses Viertels. Bölls Nachwort Straßen wie diese fasst mit den Mitteln der Poesie, was Chargesheimer bildkünstlerisch gestaltete:

»Durch Straßen wie diese führte mein Schulweg, sieben Jahre lang; viele tausend Male bin ich durch solche Straßen gegangen, aber nie in sie eingedrungen; erst viel später – in der Erinnerung begriff ich, was Straßen wie diese bedeuten, ich begriff es, wie man plötzlich Träume begreift, wenn ich in fremden Städten stundenlang durch Straßen ging und eine wie diese suchte, aber nicht fand.«

Heinrich Böll: Straßen wie diese (1958)

Der durch Böll und Chargesheimer formulierte Charakter der Straße ging durch den Bau einer Schnellstraße, der sogenannten Nord-Süd-Fahrt, verloren. Die Herkunft des Straßennamens ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Anfang des 19. Jh. hieß die Straße noch »Hinter Cranenbaumen«. Der Cranenboym war ein mittelalterlicher Ausdruck für den Wacholderbaum, auf dem sich gerne Krähen niederließen. Möglich ist auch ein Bezug zu dem in diesem Bereich dokumentierten Gutshof »Zum Kranich«, auch Krahnenhof genannt. Musikalische Denkmäler wurden der Straße u. a. von Willi Ostermann mit seinem kölschen Heimatlied Kinddauf-Fess Unger Krahnebäume (1909) und von der Gruppe BAP errichtet, deren Lied Unger Krahnebäume als melancholischer Abgesang auf das Eigelsteinviertel zu verstehen ist.

– GE

Literatur: Böll: Straßen wie diese, S. 427.