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Texte und Medien

Rolly Brings: Albertus Magnus

Gerhard Marcks: Albertus Magnus, 1956, Bronze © Foto: Michael Maye, 2010

Zischt hin wie Hiebe durch die vergessene Lehre von den zwei Schwertern, zu den Wegmarken im Wirrsal, setzt Leuchtfeuer an Klippen & lässt Nebelhörner rufen. Das Tropfen der Zeit, wenn sie zurück ins Ewige fällt. All dies aber gedacht & geschrieben unterm Kreuz am Pult in seiner Klosterzelle, weltentrückt & untergründig webend, bis an diesem Frühlingsabend er sinnend vor mir thront. Eben noch saßen wir im Audimax unter aufgespannten Utopien im ideologischen Regen. Vom heute Bestehenden sollte nichts mehr währen, & im Dunst unserer Antizipationen wuchs die Blume der Anarchie. Wir fochten dialektisch gegen ihn. Er parierte mit Schweigen.

Köln 1976

Der Text ist eine Erinnerung an die 60er Jahre, in denen ich (wie viele junge Menschen) Bestehendes radikal in Frage stellte. So setzte ich mich auch mit der Staatslehre des großen Gelehrten auseinander, besonders mit seiner Lehre von den beiden Schwertern, dem geistlichen & dem weltlichen Schwert. Albertus Magnus – der Zauberer, wie ich ihn als Kind nannte – gehörte schon immer zum Personal der Sagen & Legenden, die in meiner Familie erzählt wurden. Doch da spielte er eine ganz andere, eine märchenhafte sympathische Rolle.

Rolly Brings

Literatur: Brings: Albertus
Für die Abdruckgenehmigung des Textes danken wir dem Autor.