Irgendwann hat die Stadtverwaltung den Namen der Gasse, in
der ich wohne, poetisiert. Früher, auf alten Stichen oder Plänen,
hieß sie noch Daubengasse. Eine kurze, gepflasterte Gasse nahe
der Stadtmauer des Mittelalters. Handwerker also, die Bier- und
Weinfässer herstellten, haben in den Häusern und Werkstätten
gewohnt und gearbeitet und der Straße ihren Namen gegeben.
Eine Adresse, die mir besser gefiele als Taubengasse.
Die Katzen schlafen auf ihren Sesseln. Ich sitze am Tisch, vor
mir ein Blatt Papier, einen Stift, eine Teetasse und das Buch,
das ich rezensieren soll. Durchs Fenster sehe ich die Umrisse der Dächer, die Brandmauer, die Schornsteine, die Antennen.
Der Himmel darüber, der tagsüber bezogen war, hat sich aufgehellt.
Federwolken schieben vor einem blanken Blau zusammen.
Gleich werde ich das Licht anknipsen.
So selten beschreibt man die gewöhnlichen Minuten, das Stilleben,
das Interieur.
Literatur: Bender: In der Stadt, S. 30, 32.