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Heinrich Böll – Oberlandesgericht Köln

Oberlandesgericht Köln, 2012. © Foto: Reinhardhauke, CC BY-SA 3.0

Das Justizgebäude am Reichenspergerplatz wurde von 1907 bis 1911 im neubarocken Stil errichtet und war damals das größte Gerichtsgebäude in Preußen. Das neue, palastartige Gerichtsgebäude kostete 5,6 Millionen Mark und wurde am 7. Oktober 1911 seiner Bestimmung übergeben. Zur Zeit der Einweihung war das Gerichtsgebäude das größte in Deutschland mit 34 Sitzungssälen, 400 Geschäftszimmern, mit einer imposanten Eingangshalle und Fluren von mehr als 4 km Gesamtlänge. Dazu zählt auch eine für damalige Zeiten moderne technische Ausrüstung wie elektrisches Licht, Fernsprechsammelanlage und Aufzug. Das schlossartige Bauwerk sollte ein Symbol für die Unabhängigkeit der Gerichte gegenüber Königshäusern und Kirche sein. Ausdruck dafür ist auch eine Darstellung der römischen Göttin Justitia im Fries über dem Hauptportal. Die richtende Göttin der Gerechtigkeit ist dort in einem Relief ohne Augenbinde dargestellt – Ausdruck dafür, dass die Justiz zwar blind ist gegen Standesunterschiede, aber nicht blind gegenüber dem Menschen, dem sie in die Augen schaut.

Fries über dem Hauptportal des OLG Köln, Relief mit der Göttin Justitia. © Foto: CEphoto, Uwe Aranas CC BY-SA 3.0

Von 1969 bis 1982 wohnte Böll in der Hülchrather Straße ganz in der Nähe des Kölner Oberlandesgerichts. In dem 1972 veröffentlichten Essay Hülchrather Straße Nr. 7 erwähnte Böll auch das Gerichtsgebäude am Reichenspergerplatz:

»Beherrschend für das Viertel ist das große Schloß mit der weitläufigen Fassade, es zieht viele Besucher an, weil in ihm die große Dame mit den verbundenen Augen residiert; sie entscheidet über Ehen, Scheidungen, Miet- und Wohnungsstreit, Beleidigungsklagen, klärt Besitzverhältnisse. Es wäre ungerecht zu sagen, die Dame in ihrem Schloß wäre unproduktiv; eins wird ganz gewiß in ihrem Herrschaftsbereich produziert: Staub, jener besondere Staub, der sich in und auf Akten sammelt.«

Heinrich Böll: Hülchrather Str. Nr. 7

Die von Böll erwähnte »Dame mit den verbundenen Augen« ist die traditionelle Darstellung der Justitia mit Binde vor den Augen und einer Waage in der Hand. Eigentlich hätte ihm der Fries mit der Justitia ohne Augenbinde über dem Hauptportal auffallen müssen, da er in den 1970er Jahren in zahlreiche Rechtsstreitigkeiten verwickelt war. Angefangen von Schadensersatzklagen gegen den WDR im Zusammenhang mit dem Fernsehfilm Fedor M. Dostojewski, der am 10. Oktober 1972 mit einem Vergleich vor dem Oberlandesgericht Köln (OLG) endete, über eine Unterlassungsklage gegenüber dem ›ZDF-Magazin‹ Moderator Gerhard Löwenthal bis hin zu dem mit großer medialer Begleitung stattgefundenen Prozess gegen den Journalisten Matthias Walden und den ›Sender Freies Berlin‹ (SFB).

Heinrich Böll mit seinem Anwalt Hans Jürgen Prinz und seiner Schwester Gertrud Böll vor dem OLG, Februar 1975 © Foto: F.W. Holubovsky

In der Spätausgabe der Tagesschau machte Matthias Walden am 21. November 1974 mit teils falschen, teils ungenauen oder aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten Böll für ein Attentat auf den Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann mitverantwortlich. Böll verklagte Walden und den SFB daraufhin vor dem Kölner Landgericht auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes. Die Klage wurde zurückgewiesen.  Böll ging jedoch in die nächste Instanz – nicht, weil ihm an der persönlichen Auseinandersetzung mit Walden gelegen war, sondern weil er von einem Gericht klären lassen wollte, »wo die Grenzen zwischen Meinungsfreiheit und Verleumdung verlaufen«.

In zweiter Instanz sprach sich das Oberlandesgericht im Mai 1976 für eine Teilzahlung des Schmerzensgeldes aus. Nachdem dieses Urteil zwei Jahre später im Mai 1978 vom Bundesgerichtshof (BGH) aufgehoben wurde, legte Böll eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) mit der Begründung ein, dass es in diesem Rechtsstreit um eine Abwägung der Grundrechte des Persönlichkeitsschutzes und der Pressefreiheit ginge. Im Juli 1980 wurde das BGH-Urteil durch das BVG aufgehoben, das die Klage zur erneuten Verhandlung an den BGH zurückwies, da in diesem Fall das Grundrecht des Persönlichkeitsschutzes höher zu bewerten sei als das der Pressefreiheit. Nach sieben Jahren Rechtsstreit entschied der Bundesgerichtshof im Dezember 1981 dann zugunsten Heinrich Bölls.

Daneben schrieb Heinrich Böll auch Gutachten für angeklagte Schriftstellerkollegen. »Als Autor ist man manchmal gezwungen, Gesetzesübertretungen in Erwägung zu ziehen, um ein Kunstwerk zu schaffen.« (KStA, 10.11.1976) So verteidigte Heinrich Böll den Kölner Schriftsteller Günter Wallraff, der im Urkundenfälschungs-Prozess am 9. November 1976 im Kölner Landgericht wegen Vorlage einer falschen Steuerkarte vom Gerling-Konzern angezeigt wurde, nachdem er seine Beobachtungen in dem Buch Ihr da oben – wir da unten veröffentlicht hatte.

Seine reichlichen Erfahrungen mit der deutschen Gerichtsbarkeit finden auch Eingang in seinem oben erwähnten Essay über das »Schloß« in der die Dame mit den verbundenen Augen« residiert:

»Da findet so manche rasche Verwandlung statt, die sichtbaren Türhüter sind freundlich, die unsichtbaren Türhüter, ich nehme an, sie lächeln, nicht verächtlich, eher traurig, wohl weil sie ahnen, daß hier auf ewig Mißverständnis herrscht: Mißverständnis über die verschiedenen Arten der Wörtlichkeit, die permanent hier aufeinanderprallen, die Wörtlichkeit der Eingeweihten und Einverstandenen mit der der anderen, die nicht begreifen können und wollen, daß geschriebenes, gesprochenes Recht eine andere Wörtlichkeit hat als ihr Streben, Gerechtigkeit zu erlangen. Da wird, was klar schien, unklar, geschriebenes, gesprochenes, ausgelegtes und gedeutetes Recht hat eine andere Dimension als jener Wunsch nach Gerechtigkeit, der eine andere Selbstverständlichkeit hat, als in diesem Labyrinth sichtbar wird.«

Heinrich Böll: Hülchrather Straße, Nr. 7

– © Markus Schäfer, 2023

Markus Schäfer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin

Literatur
  • Siehe: Böll: Hülchrather Str., S. 79, S. 80.
  • Verhandlung vor dem Kölner Landgericht gegen Günter Wallraff am 9.11.1976. In: Kölner Stadt-Anzeiger, 10.11.1976, S. 10 u.d.T.: Verbotenes ohne Strafe. Heinrich Böll sprach vor dem Landgericht als Sachverständiger.
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Allgemein Literaturfestivals

Junges Buch für die Stadt

2017 wurde in Köln die neue Lesekampagne Junges Buch für die Stadt ins Leben gerufen, an der sich neben dem Kölner Stadt-Anzeiger und dem Literaturhaus Köln auch die Stadtbibliothek Köln beteiligt. Anlässlich des 100. Geburtstages von Heinrich Böll wurde dessen Glosse Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral, die 2014 als Bilderbuch umgesetzt und von dem französischen Zeichner Émile Bravo illustriert wurde, als Junges Buch für die Stadt ausgewählt.

  • Buchcover Der kluge Fischer
  • Buchcover Alles lecker
  • Buchcover Der Mondfisch
  • Buchcover Märchen-Comics
  • Buchcover Ellington
  • Buchcover Endlich wieder zelten
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Aktuelles Literaturfestivals

Anderland I – Festival der Poesie

Seit Mai 2023 hat Köln ein weiteres Festival, in dessen Zentrum die Lyrik steht. Der Titel Anderland, so der poetische Name des neuen Veranstaltungsformats, stammt aus Jens Hagens Köln-Poem. – Die Reihe startet mit Federico Italiano, Raoul Schrott und Jan Wagner in der Kölner Zentralbibliothek.

Federico Italiano liest am 15. Mai Gedichte aus seinem Buch Sieben Arten von Weiß auf Italienisch und Raoul Schrott und Jan Wagner tragen ihre jeweiligen Übersetzungen der Texte vor. Italiano gehört laut der Zeitung La Repubblica zu den »stärksten Lyrikern seiner Generation«. Seine Gedichte verbinden auf höchst originelle Weise Naturbetrachtung mit weltumspannend postmodernen Bildern, in denen exotische Riesenkrabben ebenso auftauchen wie nigerianische Scrabble-Weltmeister. Seine spielerisch elegante Lyrik sucht auch den Dialog mit anderen Poeten, ob man sich mit Ted Hughes zum Kaffee verabredet oder Brodsky ein Postskriptum schreibt. Sieben Arten von Weiß versammelt die schönsten Gedichte von Federico Italiano.

Am 16. Mai stehen die Bücher von Raoul Schrott Inventur des Sommers und Jan Wagners Neuübersetzung von Unterm Milchwald von Dylon Thomas im Mittelpunkt.  

Lockdowns und Krieg haben in der Gegenwart große Lücken aufklaffen lassen. Raoul Schrotts formensprengende Gedankengedichte erkunden, wie sehr unser Denken, Handeln und Fühlen vom Absenten geprägt ist. Vermag es die Poesie, das Verlorengegangene wiederzubringen? Was bleibt und was lassen wir zurück, wenn wir gehen? Kunstvoll, klug und sinnlich rückt dieser zwischen Essay und Lyrik mäandernde Band ein buntes Kaleidoskop jener zersprungenen Momente vor Augen, die das Leben ausmachen.

Das legendäre Werk Unterm Milchwald des walisischen Dichters Dylan Thomas liegt in einer neuen Übersetzung von Jan Wagner vor, der das Werk als das schönste Stück Literatur bezeichnet, »das jemals über den Äther lief«. Der Morgen beginnt in dem kleinen Fischerdorf Llareggub an der walisischen Küste. Wir folgen den Bewohnern in ihre Träume, wir sitzen in den Stuben, hören die Gespräche in einer Schenke, schauen in die Brautkammern unverheirateter Mädchen und folgen den heimlichen Liebespaaren hinauf in den Milchwald.

Buchumschlag Dylon Thomas

Federico Italiano, 1976 in Novara geboren, lebt als Lyriker, Übersetzer und Herausgeber in Wien, wo er an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften forscht. An der LMU München ist er Dozent für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft. Seine Lyrik wurde unter anderem 2020 mit dem Tirinnanzi-Preis ausgezeichnet und in mehrere Sprachen übersetzt. Bei Hanser gab er 2019 mit Jan Wagner die Anthologie „Grand Tour. Reisen durch die junge Lyrik Europas“ heraus.

Raoul Schrott, geboren 1964, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem den Peter-Huchel-Preis. Bei Hanser erschienen 2018 der Essayband Politiken & Ideen und 2019 der Roman Eine Geschichte des Windes oder Von dem deutschen Kanonier der erstmals die Welt umrundete und dann ein zweites und ein drittes Mal. Schrott arbeitet zurzeit im Auftrag der Stiftung Kunst und Natur an einem umfangreichen Atlas der Sternenhimmel. 2023 wird er die Ernst-Jandl-Dozentur der Universität Wien innehaben.

Jan Wagner wurde 1971 in Hamburg geboren und lebt in Berlin. Zuletzt erschienen Die Life Butterfly Show (2018) sowie die Essaybände Der verschlossene Raum (2017) und Der glückliche Augenblick (2021). Für den Gedichtband Regentonnenvariationen (2014) gewann er 2015 den Preis der Leipziger Buchmesse, 2017 wurde er mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet.

Dylan Thomas, 1914 in Swansea geboren, 1953 in New York gestorben, arbeitete ab 1934 für Zeitschriften und die BBC in London. 1949 zog er sich in den kleinen walisischen Fischerort Laugharne zurück. Er schrieb Gedichte, Essays, Briefe, Drehbücher, autobiographische Erzählungen und das Stück Unterm Milchwald, das postum mit dem Prix Italia 1954 ausgezeichnet wurde.

Die Veranstaltungen finden in Kooperation der Stadtbibliothek Köln mit der Buchhandlung Bittner und dem Institut für Deutsche Sprache und Literatur I der Universität zu Köln statt.

Veranstaltungsort:
Stadtbibliothek Köln
Josef-Haubrich-Hof 1
50676 Köln - Altstadt/Süd
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Aktuelles lik aktuell

lik aktuell

Die Kölner Buchdruckerei Rolf D. Wülfing

Rolf Wülfing in seinem Atelier, 27. Mai 2018 © André Smits
Rolf Wülfing in seinem Atelier, 27. Mai 2018 © André Smits

In einer kleinen Präsentation zeigt das Literatur-in-Köln-Archiv (LiK) vom 8. Mai bis 5. Juli 2023 eine Auswahl der Druckwerke von Rolf D. Wülfing. In seinem Sülzer Atelier in der Ägidiusstraße entstehen Bücher, Kunstbücher, Flyer, Postkarten und Mappenwerke, die Wülfing noch im klassischen Buchdruckverfahren auf mechanischen Handpressen herstellt. Über seine Arbeit und die Entstehung seiner Bücher schreibt Wülfing:

»Ich wollte schon immer ein Buch machen… ich habe in Aachen Chemie studiert, in der Klenkes-Druckerei an einer ›Heidelberg‹ Farbe auf die Walzen aufgetragen, nach meiner Berufstätigkeit als Chemielehrer 2011 ein Atelier gemietet, Schriftsätze und eine Druckwalze ›Nudel‹ gekauft und angefangen ein Buch mit eigenen Texten zu drucken. Viele Tipps habe ich von ehemaligen Schriftsetzern, Druckern, Graphikern, Buchbindern, die interessiert in mein Atelier hineingeschaut haben, erhalten. Ich habe gelernt, was reproduzierbarer Papiersitz, Aufzugstärke, Verlaufsrichtung, Falzbein bedeutet … und schließlich gab es gebunden das erste Buch Ich muss nicht immer Freitags nach Venedig fliegen, die Raus- und Heimtexte… Die Arbeit hat mir viel Spaß gemacht und ich war stolz.
Mittlerweile betreibe ich im 11ten Jahr eine kleine Druckerei, habe fast 20 Bücher und graphische Druckwerke geschaffen. Die Themen schöpfe ich aus meiner Umgebung, meinem Leben und meinen Fragen, Erinnerungen und Interessen. Zudem drucke ich kleine Aufträge für private Anlässe und Geschäfte. Arbeiten u.a. von Lawrence Wiener, Graphik und reduzierte Darstellungen sind meine Orientierung.
In versteckter Weise schöpfe ich vermutlich aus der Kombination Chemie, Lehrertätigkeit und praktizierter Musik die Lust zur Arbeit. Ich finde Sinn im Gestalten und Drucken. So soll es weitergehen!«

Rolli Wülfing, 2023

Veranstaltungsort:
Stadtbibliothek Köln
2. Obergeschoss der Zentralbibliothek, Literaturwelt
Josef-Haubrich-Hof 1
50676 Köln - Altstadt/Süd

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LiK.Map Literaturfestivals

Poetica – Festival für Weltliteratur

Eingang zum Hauptgebäude der Universität zu Köln, 2019 © Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman

Die Poetica ist ein internationales Literaturfestival, das seit 2015 jährlich in Köln stattfindet. Es wird von der Universität zu Köln in Kooperation mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und kulturellen Einrichtungen der Stadt Köln veranstaltet und rückt im Besonderen die Lyrik als marginalisierte Gattung der Weltliteratur in den Blickpunkt. Ein Autor bzw. eine Autorin kuratiert und moderiert das Festival und lädt zu einem Leitthema bis zu zehn prominente Dichter*innen aus aller Welt ein. Die Ausgangsidee für die Poetica war, dass Literatur ebenso Wissen formt wie die Wissenschaften und der Vergleich ästhetischer Ideen im Dialog von Dichter*innen und Wissenschaftler*innen einen hervorragenden Zugang zum Verständnis fremder Kulturen und ihrer potentiell unterschiedlichen Antworten auf zentrale Daseinsfragen ermöglicht.

Charakteristisch für die Poetica ist die Präsenz aller Autor*innen bei den Veranstaltungen der Festivalwoche sowie die Vielfalt ihrer Veranstaltungsorte und Formate, von Diskussionen in der Universität und einer Schreibwerkstatt für Studierende über Lesungen bis zur szenischen Umsetzung von Poesie im Schauspiel Köln. Die literarischen Texte werden bei allen Veranstaltungen in der jeweiligen Originalsprache durch die Autor*innen und in deutscher Sprache durch Schauspieler*innen vorgetragen. Die Moderationen erfolgen in der Regel in englischer und deutscher Sprache. Die Haupttexte und Essays dokumentiert eine Buchpublikation, die zum Auftaktabend der Poetica vorliegt. Von 2015 bis 2021 war die Poetica Teil des Internationalen Kollegs Morphomata.

  • Poetica 1 mit Pia Tafdrup, Adam Zagajewski und Jürgen Becker in der Zentralbibliothek Köln © LiK-Archiv_ Ewenz
  • Poetica 2: Aleš Šteger im Gespräche mit Lavinia Greenlaw in der Zentralbibliothek Köln © Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 3: Monika Rinck bei der Eröffnung in der Aula der Universität zu Köln © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 5: Aris Fioretos und Christian Kracht im Gespräch © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 6: Herta Müller und Ernest Wichner in der Kulturkirche Nippes © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 6: Jan Wagner © Foto: Universität Köln/Poetica/Ben Knabe
  • Poetica 7: Ain Bailey © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 7: Uljana Wolf, Altes Pfandhaus Köln © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 8: Daniela Danz im Schauspiel Köln, Depot 1 © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
  • Poetica 8: Patti Smith mit Christian Filips in der Aula der Universität zu Köln © Foto: Universität Köln/Poetica/Silviu Guiman
Poetica 1 (2015)

Motto: M’illumino/d’immenso / Ich erleuchte mich/durch Unermeßliches
Kurator: Michael Krüger

Programm

  • Yeşim Ağaoğlu (Türkei)
  • Jürgen Becker (Deutschland)
  • Marcel Beyer (Deutschland)
  • John Burnside (Großbritannien)
  • Lars Gustafsson (Schweden)
  • Aleš Šteger (Slowenien)
  • Pia Tafdrup (Dänemark)
  • Yang Lian (China)
  • Adam Zagajewski (Polen)
Poetica 2 (2016)

Motto: Blue Notes
Kurator: Aleš Šteger

Programm

  • Jurij Andruchowytsch (Ukraine)
  • Bernardo Atxaga (Spanien)
  • Heinrich Detering (Deutschland)
  • Lavinia Greenlaw (Großbritannien)
  • Georgi Gospodinow (Bulgarien)
  • Durs Grünbein (Deutschland)
  • Navid Kermani (Deutschland)
  • Michael Krüger (Deutschland)
  • Martin Mosebach (Deutschland)
  • Paul Muldoon (USA)
  • Ilma Rakusa (Schweiz)
  • Monika Rinck (Deutschland)
  • Ana Ristović (Serbien)
  • Sjón (Island)
Poetica 3 (2017)

Motto: Die Seele und ihre Sprachen
Kuratorin: Monika Rinck

Programm

  • Javier Bello (Chile)
  • Michael Donhauser (Luxemburg/Österreich)
  • Nurduran Duman (Türkei)
  • Maricela Guerrero (Mexiko)
  • Gila Lustiger (Frankreich)
  • Angelika Meier (Deutschland)
  • Zeruya Shalev (Israel)
  • Eleni Sikelianos (USA)
  • Galsan Tschinag (Mongolei)
  • Stefan Weidner (Deutschland)
  • Lorenz Wilkens (Deutschland)
Poetica 4 (2018)

Motto: Beyond identities
Kuratorin: Yoko Tawada

Programm

  • Jeffrey Angles (USA)
  • Bei Dao (China)
  • Anneke Brassinga (Niederlande)
  • Teju Cole (USA/Nigeria)
  • Hiromi Itō (Japan)
  • Kim Hyesoon (Südkorea)
  • Barbara Köhler (Deutschland)
  • Morten Søndergaard (Dänemark)
  • Monique Truong (USA/Vietnam)
  • Jan Wagner (Deutschland)
Poetica 5 (2019)

Motto: Rausch / States of Euphoria
Kurator: Aris Fioretos 

Programm

  • Mircea Cărtărescu (Rumänien)
  • Oswald Egger (Deutschland)
  • Christian Kracht (Schweiz)
  • Mara Lee (Schweden)
  • Lebogang Mashile (Südafrika)
  • Agi Mishol (Israel)
  • Marion Poschmann (Deutschland)
  • Jo Shapcott (Großbritannien)
Poetica 6 (2020)

Motto: Widerstand. The Art of Resistance
Kurator: Jan Wagner 

Programm

  • Tadeusz Dąbrowski (Polen)
  • Erik Lindner (Niederlande)
  • Luljeta Lleshanaku (Albanien)
  • Agi Mishol (Israel)
  • Helen Mort (Großbritannien)
  • Herta Müller (Deutschland)
  • Sergio Raimondi (Argentinien)
  • Xi Chuan (China)
  • Serhij Zhadan (Ukraine)
Poetica 7 (2021/2022)

Motto: Sounding Archives – Poesie zwischen Experiment und Dokument
Kuratorin: Uljana Wolf

Programm

  • Swetlana Alexijewitsch (Weißrussland)
  • Ain Bailey (Großbritannien)
  • Don Mee Choi (USA)
  • Yan Jun (China)
  • Fiston Mwanza Mujila (Kongo/Österreich)
  • Carlos Soto-Román (Chile)
  • Maria Stepanova (Russland)
  • Anja Utler (Deutschland)
  • Cecilia Vicuña (USA/Chile)
  • Valzhyna Mort (Weißrussland)
Poetica 8 (2023)

Motto: Das chorische Ich – Writing in the name of
Kurator: Christian Filips

Programm

  • Daniela Danz (Deutschland)
  • Logan February (Nigeria)
  • Lionel Fogarty (Australien)
  • Kim de l’Horizon (Schweiz)
  • Kateryna Kalytko (Ukraine)
  • Els Moors (Belgien)
  • James Noël (Haiti)
  • Patti Smith (USA)
  • Sukirtharani (Indien)
  • Zheng Xiaoqiong (China)
Poetica 9 (2024)

Motto: Nach der Natur – Imaginations of Nature Poetry
Kuratorin: Daniela Danz

Programm

  • Takako Arai (Japan)
  • Ali Abdollahi (Iran)
  • Camille T. Dungy (USA)
  • Kendel Hippolyte (Karibik)
  • Esther Kinsky (Deutschland)
  • Nikola Madžirov (Nordmazedonien)
  • María Paz Guerrero (Kolumbien)
  • Rou Reynolds (Großbritannien)
  • Liana Sakelliou (Griechenland)
  • Raphael Urweider (Schweiz)
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Aktuelles

Poetica 8 – Festival für Weltliteratur

Die Poetica ist ein internationales Literaturfestival, das seit 2015 jährlich in Köln stattfindet. Es wird von der Universität zu Köln in Kooperation mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und kulturellen Einrichtungen der Stadt Köln veranstaltet und rückt im Besonderen die Lyrik als marginalisierte Gattung der Weltliteratur in den Blickpunkt. Ein Autor bzw. eine Autorin kuratiert und moderiert das Festival und lädt zu einem Leitthema bis zu zehn prominente Dichter*innen aus aller Welt ein. Die Ausgangsidee für die Poetica war, dass Literatur ebenso Wissen formt wie die Wissenschaften und der Vergleich ästhetischer Ideen im Dialog von Dichter*innen und Wissenschaftler*innen einen hervorragenden Zugang zum Verständnis fremder Kulturen und ihrer potentiell unterschiedlichen Antworten auf zentrale Daseinsfragen ermöglicht. Weitere Informationen gibt es hier.

Die Poetica 8 findet vom 17. bis 22. April 2023 unter dem Motto »Das chorische Ich – Writing in the name of« an verschiedenen Orten, u. a. auch am 20. April 2023 in der Kölner Zentralbibliothek, statt.

Das aktuelle Programm erscheint unter www.poetica.uni-koeln.de

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Aktuelles

Heinrich Böll – Vondelstraße 28

Im Hinterhof der Vondelstraße 28-30 befand sich ab 1902 die Schreinerei von Heinrich Bölls Vater Viktor Böll (1870–1960). Mit der Werkstadt verband Böll viele positive Erinnerungen. Hier roch es nach Leim, Beize und frisch gehobelten Brettern und die Schreibmaschine im Büro diente dem jungen Heinrich Böll zur Niederschrift seiner ersten, stilistisch noch tastenden, thematisch aber selbstgewissen Schreibversuche. Hier geht es zum Beitrag.

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Heinrich Böll – Vondelstraße 28

Vondelstraße 28, Aufnahme von 1998 © Foto: Heinrich-Böll-Archiv
Visitenkarte von Viktor Böll, 1925

1896 eröffneten Viktor Böll (1870–1960) und sein Kolpingbruder Wilhelm Polls (1866–1950) am Wormser Platz 13 [heute Martin-Luther-Platz] in der Kölner Südstadt ihr »Atelier für kirchliche Kunst«. Eine Schreinerei, die für die zahlreichen Sakralbauten in und um Köln Beichtstühle, Orgelbrüstungen, Bänke und anderes kirchliches Mobiliar anfertigte – und dies dank ihres Erfolges mit bis zu sechzehn Gesellen. Die positive Auftragslage führte dazu, dass der Handwerksbetrieb expandierte und die Geschäftspartner 1898 in der Vondelstraße zwei Häuser errichten konnten. Im gemeinsamen Hinterhof der Häuser Nr. 28 und Nr. 30 firmierte ab 1902 die Schreinerei unter dem Namen »Böll & Polls – Werkstatt für Kirchenmöbel«. Nachdem sich in den Jahren seit Ende des Ersten Weltkriegs die Auftrags- und Versorgungslage verschlechterte, trennten sich die Geschäftspartner 1920 gütlich und Viktor Böll, dem die Werkstatt verblieb, führte den Betrieb als »Kunsttischlerei, Werkstätten für kirchliche Kunst« bis in die 1930er Jahre erfolgreich weiter.

In seinem 1952 publizierten Essay Über mich selbst beschrieb Heinrich Böll als eine seiner ersten Erinnerungen die Schreinerwerkstatt seines Vaters: »Holzgeruch, der Geruch von Leim, Schellack und Beize; der Anblick frischgehobelter Bretter, das Hinterhaus einer Mietskaserne, in der die Werkstatt lag«. Besonders reizvoll war für ihn das Büro der Schreinerei, das er in seinem Text Was soll aus dem Jungen bloß werden? näher beschrieb. Das »Bürohäuschen war verlockend gemütlich, ganz aus Holz, etwas zwischen Blockhaus und Baracke, es hatte schöne, solide gearbeitete Rollschränke mit Schiebetüren aus grünem Glas, in denen Beschläge und Zeichnungen lagen: neogotische Türmchen, Säulchen, Blumen, Heiligenfiguren; Entwürfe zu Beichtstühlen, Kanzeln, Altären und Kommunionbänken, Möbeln, und es gab da noch eine alte Kopierpresse aus Vorkriegszeiten, und immer noch Kartons mit Glühbirnen mit Bajonettverschlüssen, obwohl wir doch Hunderte davon im Garten der Kreuznacher Straße zerschossen hatten. Grüne Bürolampen, ein großer Tisch mit grünem Linoleum; Leimplatten, Werkzeug.«
Die Schreibmaschine des Werkstattbüros diente dem jungen Heinrich Böll zur Niederschrift seiner ersten, stilistisch noch tastenden, thematisch aber selbstgewissen Schreibversuche:

Die ersten Arbeiten stehen ganz sicher unter dem Einfluß der Dostojewski-Lektüre. Das Ambiente von Raskolnikow und Arme Leute fand ich in der Nachbarschaft, in den Mietskasernen, in denen mein Vater seine Werkstatt hatte; das ganze Milieu und Viertelmaterial, das ich aus dieser Lektüre kannte.«

Heinrich Böll: Über mich selbst


Einige der aus dieser Zeit überlieferten Typoskripte wurden auf der Rückseite der Rechnungsformulare des Betriebs geschrieben: »Viktor Böll, Köln, Kunsttischlerei, Werkstätten für kirchl. Kunst, Vondelstraße 28–30. Im Februar 1933, kurz vor der nationalsozialistischen Machtübernahme, übertrug der zum damaligen Zeitpunkt 63jährige Viktor Böll die Werkstatt an Heinrich Bölls ältesten Bruder Alois (1911–1981), der sie bis zum Juli 1955 als selbständiger Schreinermeister weiterführte. Alois Böll wurde Heinrich Bölls erster Arbeitgeber als dieser Mitte September 1945 aus der Kriegsgefangenschaft entlassen wurde. Von Oktober 1945 bis Mai 1946 arbeitete er als Hilfsarbeiter in der Werkstatt seines Bruders. Nach dem Tode Viktor Bölls 1960 wurde das Haus in der Vondelstraße verkauft und der Erlös unter den Erben aufgeteilt.

Anlässlich des 100. Geburtstage von Heinrich Böll produzierte der WDR 2017 eine Augmented-Reality Entdeckungsreise auf den Spuren des Autors durch die Kölner Südstadt. Wolfgang Niedecken führt die Betrachter auch in die Vondelstraße.  
Böll folgen: Heinrich Böll – in der Südstadt

© Gabriele Ewenz / Markus Schäfer, 2022

Gabriele Ewenz

Dr. phil., Literaturwissenschaftlerin, Leiterin des Heinrich-Böll-Archiv und des Literatur-in-Köln Archiv (LiK)

Markus Schäfer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin

Literatur

Siehe: Böll: Über mich selbst, S. 32; Was soll aus dem Jungen bloß werden?, S. 401.

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Aktuelles Literaturfestivals

Ein Buch für die Stadt Köln

Die Idee ist ganz einfach und international erfolgreich: Ein Buch, in der Regel ein Roman, wird von einer Jury ausgewählt und durch Lesungen, Vorträge, Diskussionen oder Aufführungen, innerhalb eines begrenzten Zeitraumes im gesamten Stadtraum vorgelesen und präsentiert. Auch ungewöhnliche Veranstaltungsorte und Darbietungsformen erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Mit dieser besonderen Buch- und Leseförderungsaktion wird jedes Jahr eine Autorin oder ein Autor in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt.
Jeder kann sich mit einer Aktion beteiligen: Einzelpersonen ebenso wie Literaturzirkel, Vereine, Buchhandlungen, Schulen oder Bibliotheken. Das ausgewählte Buch wird als Sonderausgabe aufgelegt und in den ortsansässigen Buchhandlungen zu einem erschwinglichen Preis verkauft.
Mittlerweile gibt es diese Leseaktionen in fast jeder größeren Stadt. Die Projektidee stammt ursprünglich aus Seattle (USA), 1998 startete dort die überaus erfolgreiche Aktion If All of Seattle Read the Same Book, die schnell von anderen Städten übernommen wurde. Seit 2002 haben sich vergleichbare Aktionen auch im deutschsprachigen Raum etabliert. Vorreiter war Wien mit der Lesekampagne Eine Stadt. Ein Buch, auch in Deutschland wurde die Literaturaktion zeitnah in mehreren Städten unter dem Titel Eine Stadt liest ein Buch umgesetzt.
In Köln findet das Literaturfestival unter dem Namen Ein Buch für die Stadt seit 2003 statt und wird gemeinsam vom Kölner Stadt-Anzeiger und dem Literaturhaus Köln e.V. ausgerichtet. Die Aktion startete erfolgreich mit Irmgard Keuns Buch Das kunstseidene Mädchen.
2017 wurde die neue Lesekampagne Junges Buch für die Stadt ins Leben gerufen, an der sich neben dem Kölner Stadt-Anzeiger und dem Literaturhaus Köln auch die Stadtbibliothek Köln beteiligt. Anlässlich des 100. Geburtstages von Heinrich Böll wurde dessen Glosse Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral, die 2014 als Bilderbuch umgesetzt und von dem französischen Zeichner Émile Bravo illustriert wurde, als Junges Buch für die Stadt ausgewählt.

– GE


Ein Buch für die Stadt Köln von 2003 bis 2023
  • Buchumschlag von Irmgard Keun.
  • Italo Calvino. Buchumschlag von Wenn ein Reisender in einer Winternach. Roman
  • Buchcover
  • Pamuk. Buchumschlag
  • Buchumschlag von Rafael Chirbes
  • Buchumschlag von Kirsten Boie
  • Buchumschlag von Norbert Scheuer
  • Buchumschlag von Jovan Nikolic
  • Buchumschlag von Sumaya Farhat Naser:
  • Buchumschlag von Assaf Gavron
  • Buchumschlag von Michael Köhlmeier
  • Buchumschlag von Jochen Schmidt
  • Buchumschlag von Rafik Schami
  • Buchumschlag von Margriet de Moor
  • Buchumschlag von Anthony McCarten
  • Buchumschlag von Eva Menasse
  • Buchumschlag von Ayelet Gundar-Goshen
  • Buchumschlag von Nadifa Mohamed
  • Buchumschlag von Jackie Thomae
  • Buchumschlag von Nava Ebrahimi
  • Buchumschlag Der nasse Fisch
Ankündigung: Am 17. November 2022, 19 Uhr, ist Nava Ebrahimi zu Gast in der Zentralbibliothek, wo sie ihr Buch Sechzehn Wörter (Buch für die Stadt 2022) im Gespräch mit der Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Iranistin Maryam Aras vorstellt. 
Informationen unter: Stadt Köln Veranstaltungen
Beachtenswert: Nava Ebrahimi in Köln  
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Aktuelles

Selim Özdoğan – Mülheimer Stadtgarten

Ein Gastbeitrag von Selim Özdoğan

Der in Köln lebende Autor Selim Özdoğan wurde in Mülheim geboren und verbrachte seine Kinder- und Jugendzeit in diesem multikulturellen und bevölkerungsreichsten Kölner Stadtteil. Er besuchte das städtische Hölderlin-Gymnasium in der Graf-Adolf-Straße und hielt sich in seiner freien Zeit oft im Mülheimer Stadtgarten auf, über den er eine kleine Impression für die LiK.map schrieb. Bis heute ist der Mülheimer Stadtgarten ein wichtiges urbanes grünes Refugium für die Mülheimer Bevölkerung. Die Parkanlage entstand in einer ehemaligen Niederung der Strunde und wurde in den Jahren 1912/1913 angelegt. Eine nördliche Erweiterung in Richtung des Wiener Platzes, erfolgte 1928 nach einem Entwurf des Gartenarchitekten Theodor Nußbaum (1885-1956). – Hier geht es zu Selim Özdoğans Beitrag.

Selim Özdoğan, 2011, bei einer Buchpremiere in der Zentralbibliothek Köln © Foto: LiK-Archiv